Verfassungswerte fördern
Die Gemeinwohl-Matrix verbindet die Werte, die das Gelingen von Beziehungen sowie ein gutes Leben fördern, mit den wichtigsten Bezugsgruppen von Unternehmen und Organisationen. Diese Werte sind weltweit auch in den meisten Verfassungen verankert.
Bilanz und Entwicklung
Die Matrix gibt so die 20 Themenfelder für die Kennzahlen der Gemeinwohl-Bilanz vor. Mit ihr kann nicht nur das Ergebnis einer Gemeinwohl-Bilanz kompakt auf einen Blick dargestellt werden, sondern auch die Entwicklung seit der letzten Bilanz.
OpenSource in die Zukunft
Die Gemeinwohl-Matrix ist ein OpenSource-Werkzeug zur Transformation von Unternehmen und Organisationen und als Leitfaden zur Zukunftsfähigkeit eine hilfreiche Landkarte, die zeigt, welche Wege zu mehr Gemeinwohl schon erfolgreich gegangen werden und welche Wege noch zu gehen sind.
Pioniere sind Leuchttürme
Viele Unternehmen arbeiten bereits sehr nachhaltig und engagieren sich gesellschaftlich. Mit der Gemeinwohl-Bilanz können sie diese Entwicklung vergleichbar dokumentieren, glaubwürdig kommunizieren und sich als Leuchturm für Gemeinwohl und Nachhaltig zeigen.
Die 20 Fokusfelder der Gemeinwohl-Matrix
Ein Klick auf die Matrixfelder zeigt weitere Informationen zum jeweiligen Fokusthema an.
A1 Menschenwürde in der Zulieferkette
Die Produkte und Dienstleistungen, die ein Unternehmen zukauft, sind mit einer Vielzahl an gesellschaftlichen Auswirkungen verbunden. Diese können sowohl positiv als auch negativ sein. Besonders wichtig sind die Arbeitsbedingungen aller Mitarbeitenden in der gesamten Zulieferkette. Ein Unternehmen ist für das Wohlergehen aller Menschen – auch bei seinen Lieferant*innen und Vorlieferant*innen – mitverantwortlich.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- bezieht Produkte und Dienstleistungen, welche unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden.
- achtet auf Risiken in der Zulieferkette, bei welchen die Verletzung der Menschenwürde häufig vorkommt.
- setzt sich aktiv für ein menschenwürdigeres Verhalten in der Zulieferkette ein.
A2 Solidarität und Gerechtigkeit in der Zulieferkette
Unternehmen haben Mitverantwortung, entlang der Zulieferkette einen fairen und solidarischen Umgang aller Beteiligten untereinander einzufordern sowie aktiv zu fördern. Jedes Unternehmen kann sich über die sozialen Risiken und mögliche Missstände in der Lieferkette informieren, seine Forderungen kommunizieren und entsprechende Kaufentscheidungen treffen.
Ein GWÖ-Unternehmen erkennt seine Mitverantwortung für Solidarität und Gerechtigkeit in der gesamten Zulieferkette und gestaltet sein unternehmerisches Handeln entsprechend.
A3 Ökologische Nachhaltigkeit in der Zulieferkette
Jedes Unternehmen ist mit Umweltauswirkungen in der Zulieferkette konfrontiert und kauft diese mit den bezogenen Rohwaren, Produkten und Dienstleistungen mit ein. Unternehmen sind daher für die ökologische Nachhaltigkeit in ihrer Zulieferkette mitverantwortlich. Das Ziel ist es, zur Reduktion der Umweltauswirkungen in der gesamten Zulieferkette beizutragen.
Ein GWÖ-Unternehmen ...
- evaluiert den Lebensweg bzw. die Zulieferkette der Produkte und Dienstleistungen nach negativen ökologischen Auswirkungen.
- wählt im Einkauf die ökologisch verträglichsten Optionen.
- verzichtet weitestgehend auf Produkte und Dienstleistungen mit sehr hohen Umweltauswirkungen.
A4 Transparenz und Mitentscheidung in der Zulieferkette
Unternehmen haben die Mitverantwortung, entlang der Zulieferkette einen transparenten und partizipativen Umgang aller Beteiligten untereinander einzufordern und aktiv zu unterstützen. Jedes Unternehmen kann sich über entsprechende Risiken und mögliche Missstände in der Zulieferkette informieren, Forderungen kommunizieren und Kaufentscheidungen treffen.
Ein GWÖ-Unternehmen erkennt seine Mitverantwortung für Transparenz und gemeinsame Entscheidungsfindung in der gesamten Zulieferkette und gestaltet sein unternehmerisches Handeln entsprechend.
B1 Ethische Haltung im Umgang mit Geldmitteln
Eine werte- und gemeinwohlorientierte Haltung versteht Geld nicht als Hauptziel, sondern nur als Mittel des Zahlungsverkehrs. Wichtig im Umgang mit Geld ist die Achtung der Menschenwürde vor finanziellen Interessen. Hohe Ausstattung mit Eigenmitteln bedeutet finanzielle Unabhängigkeit und schützt das Unternehmen vor unerwünschten externen Einflüssen.
Jede Kreditaufnahme ist ein Versprechen auf eine Steigerung der Wertschöpfung, um Zinsen und Rückzahlung leisten zu können. Fremdmittel sollten aus solidarischen Quellen oder von Ethikbanken stammen.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- führt sein Finanzmanagement nach kritischen ethischen Grundsätzen.
- wird an einer Struktur seiner Finanzierung arbeiten, die diese ethische Orientierung absichert.
- bemüht sich um eine beständige Erhöhung des Eigenkapitalanteils und eine Ergänzung der Eigenmittel durch Mittel von Partner*innen, die ebenso an der Unabhängigkeit und Selbstbestimmung des Unternehmens interessiert sind.
B2 Soziale Haltung im Umgang mit Geldmitteln
Ein zentrales Ziel ist das Erreichen von Fairness gegenüber allen Berührungsgruppen. Die Ausgaben des Unternehmens werden dabei zu „Einkommen“ der Lieferant*innen, Mitarbeitenden und der Gesellschaft. Bei der Verwendung des verbleibenden Mittelüberschusses stehen der Einsatz für das Weiterbestehen und die Weiterentwicklung des Unternehmens und die Bildung notwendiger Risikorücklagen im Vordergrund. Eine Ausschüttung von Kapitalertrag sollte erst nach ausreichender Zukunftsvorsorge erfolgen.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- hat Eigentümer*innen, die der Weiterentwicklung des Unternehmens Vorrang vor der Realisierung eigener Kapitalerträge geben.
- hat Eigentümer*innen mit maßvollen Ansprüchen an Kapitalerträge, die in jedem Fall eine Ausschüttung auf Kosten einer Neuverschuldung vermeiden.
B3 Sozial-ökologische Investitionen und Mittelverwendung
Die Transformation zu einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft verlangt die Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei allen Investitionen, insbesondere die gezielte Umlenkung von Finanzflüssen zu ökologisch stark wirksamen Investitionen. Ebenso können Veranlagungen direkt in sozial-ökologische Projekte oder über Finanzdienstleister*innen erfolgen. Oft gehen die Wirkungen in beide Richtungen, sowohl sozial als auch ökologisch, daher können sie gemeinsam betrachtet werden.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- nimmt in seine Investitionsentscheidungen regelmäßig die Prüfung auf beständige Reduktion des ökologischen Fußabdrucks auf.
- achtet auch bei Investitionen in immaterielles Vermögen und Finanzanlagen auf mögliche sozial-ökologische Auswirkungen.
- veranlagt überschüssige Finanzmittel mit Ausnahme einer Liquiditätsreserve in sozial-ökologische Projekte.
B4 Eigentum und Mitentscheidung
Ein Unternehmen lebt vom gemeinsam getragenen Sinn der unternehmerischen Tätigkeit, dem daraus entwickelten gemeinsamen Zukunftsbild und guter Zusammenarbeit. Dies gelingt vor allem durch gemeinsames Entscheiden, Mitgestalten und damit Mitverantworten – am besten durch Mitunternehmerschaft. Dieses Ziel kann durch eine passende Rechtsform unterstützt werden, die das Übernehmen oder Übertragen von Eigentumsanteilen im Sinne echter Mitunternehmerschaft erleichtert.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- ermöglicht die Teilnahme von Berührungsgruppen an Entscheidungen durch bestmögliche Transparenz über die unternehmerische Tätigkeit und geplante Ziele.
- bereitet relevante Interessensgruppen auf die Übernahme von Miteigentum gezielt vor.
- entwickelt als lernende Organisation gemeinsame Entscheidungsprozesse stetig weiter.
C1 Menschenwürde am Arbeitsplatz
Gelebte Menschenwürde zeigt sich in einer mitarbeitendenorientierten Unternehmenskultur, die auf Respekt, Wertschätzung und Vertrauen aufbaut. Vielfalt in der Belegschaft wird als Chance gesehen und genutzt. Es wird ein gesundheitsförderndes Arbeitsumfeld geschaffen. Der Mensch steht im Mittelpunkt und wird nicht als Produktionsfaktor gesehen.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- lebt eine respektvolle und offene Unternehmenskultur und Kommunikation.
- sorgt für einen Einsatz der Mitarbeitenden nach ihren persönlichen Stärken, schafft Handlungsspielräume für Selbstorganisation und fördert die persönliche und berufliche Entwicklung aller Mitarbeitenden.
- sieht Diversität als Ressource.
C2 Ausgestaltung der Arbeitsverträge
Arbeitsverträge regeln die Zusammenarbeit zwischen Organisation und Mitarbeitenden. Die Ausgestaltung und Zuweisung von Ressourcen wie Verdienst, Zeit, Sicherheit oder Balance hat einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsbereitschaft, das Sicherheitsempfinden und das Wohlergehen der Mitarbeitenden. Die individuelle Ausgestaltung der Arbeitsverträge bei gleichzeitiger und weitgehender Selbstbestimmung der Mitarbeitenden ist erklärtes Ziel.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- verbessert die vertraglich geregelten Arbeitskonditionen fortwährend.
- ermöglicht eine hohe Individualität in der vertraglichen Ausgestaltung.
- diskutiert die Grundlagen der Arbeitskonditionen offen mit allen Mitarbeitenden.
- ermächtigt Mitarbeitende, weitreichende Entscheidungen selbst zu treffen.
C3 Ökologisches Verhalten der Mitarbeitenden
Pionierunternehmen sind wesentliche Multiplikatoren zur Stärkung des ökologischen Bewusstseins der Mitarbeitenden. Daher kommt der Vorbildfunktion und der Anreizpolitik von Unternehmen zur Förderung des ökologischen Bewusstseins und Verhaltens im beruflichen Alltag der Mitarbeitenden eine Schlüsselrolle zu.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- entwickelt ein ökologisches Bewusstsein und ermöglicht ökologisches Verhalten der Mitarbeitenden.
- schafft Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Projekten, die nachhaltiges Verhalten fördern.
- trägt durch seine Unternehmenskultur sowie interne Prozesse zur Umsetzung von Maßnahmen zu wesentlichen ökologischen Aspekten bei.
C4 Innerbetriebliche Mitentscheidung und Transparenz
Das Unternehmen bzw. die Organisation ist ein Ort der aktiven Teilhabe und Mitwirkung für alle Mitarbeitenden. Sämtliche Mitarbeitende können ihre Ideen, Anregungen oder Impulse einbringen und so Mitverantwortung übernehmen und zum Wohl des Unternehmens beitragen. Die Identifikation mit dem Unternehmen bzw. der Organisation steigt, und die Weisheit der Vielen wird genutzt.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- macht alle wesentlichen und kritischen Daten für die Mitarbeitenden transparent, leicht zugänglich und verständlich.
- lässt die Führungskräfte durch die Mitarbeitenden legitimieren und evaluieren.
- ermöglicht den einzelnen Teams und jeder/jedem einzelnen Mitarbeitenden ein hohes Maß an Mitentscheidung.
D1 Ethische Kund*innenbeziehung
Kund*innen als Menschen mit ihren Bedürfnissen und Wünschen stehen im Vordergrund, nicht deren Potenzial als Umsatzträger*innen. Ziel ist die optimale Erfüllung des wirklichen Kund*innennutzens. Dies reicht von der kund*innenorientierten Produktentwicklung über die offenene Kommunikation auf Augenhöhe bis hin zur Barrierefreiheit bei sämtlichen Kontaktpunkten mit Kund*innen. Ethische Kund*innenbeziehungen umfassen auch den Verzicht auf Umsatz oder Gewinn, wenn es im Interesse der Kund*innen ist.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- achtet auf eine Kund*innenbeziehung auf Augenhöhe sowie Transparenz und Ehrlichkeit, um Wohlergehen und Bedürfniserfüllung partnerschaftlich zu ermöglichen.
- gestaltet die Produkte und Dienstleistungen sowie die Kommunikation bewusst barrierefrei – von der Nutz- und Bedienbarkeit des Produktes bzw. der Dienstleistung über den Zugang zu Informationen bis zum Ort des Verkaufs.
- verzichtet auf unlautere Werbung, die durch Beschönigen, Verschleiern und Verkaufsdruck illegitime Marktvorteile bewirkt.
D2 Kooperation und Solidarität mit Mitunternehmen
Kooperation und Solidarität mit Mitunternehmen basiert auf einer wertschätzenden Grundhaltung sowie einem Verhalten auf Augenhöhe gegenüber anderen Unternehmen. Wettbewerb wird als sportliche Herausforderung in transparenter, respektvoller Weise und nicht als feindliche Verdrängung betrachtet und gelebt.
Ein GWÖ-Unternehmen ...
- sieht den Mitbewerb als Ergänzung am Markt.
- arbeitet gemeinsam mit anderen Unternehmen an Lösungen und Angeboten, die die Bedürfnisse der Kund*innen erkennen und bedienen.
- bietet anderen Unternehmen uneigennützige Unterstützung in Notsituationen an.
D3 Ökologische Auswirkungen durch Nutzung und Entsorgung von Produkten und Dienstleistungen
Durch Nutzung und Recycling sowie durch die endgültige Entsorgung von Produkten und Dienstleistungen entstehen oft negative ökologische Auswirkungen. Um diese Auswirkungen auf ein Minimum zu reduzieren, sollten Produkte und Dienstleistungen so gestaltet sein, dass sie sich möglichst weit in natürliche Kreisläufe einfügen (Konsistenz) und ein möglichst gutes Verhältnis von Nutzen- bzw. Bedürfnisbefriedigung zu negativen ökologischen Auswirkungen haben (Effizienz). Darüber hinaus ist vor allem ein maßvoller Konsum notwendig, um gesamtgesellschaftlich gesehen, die ökologischen Auswirkungen zu reduzieren (Suffizienz).
Ein GWÖ-Unternehmen …
- ist bestrebt, die ökologischen Auswirkungen von Nutzung und Entsorgung möglichst genau zu kennen und diese zu minimieren.
- bietet Produkte und Dienstleistungen an, deren ökologische Auswirkungen durch Nutzung und Entsorgung geringer sind als bestehende Alternativen.
- setzt sich mit den Nutzungs- und Entsorgungsbedingungen durch Kund*innen auseinander und versucht diese im Sinne einer maßvollen Nutzung (Suffizienz) zu beeinflussen.
D4 Kund*innenmitwirkung und Produkttransparenz
Die Mitwirkung von Kund*innen kann Hinweise auf öko-soziale und nachhaltige Produktverbesserungen, Produkt- und Service-Innovationen sowie die künftige Entwicklung des Absatzmarktes geben. Kund*innen können ihre Erfahrungen dem Unternehmen direkt mitteilen oder untereinander teilen, wodurch der Einfluss der Kund*innen steigt. Transparente Informationen über die Inhaltsstoffe und Preisbestandteile machen die (Höher-)Wertigkeit deutlich und ermöglichen fundierte Kaufentscheidungen der Konsument*innen und die Meinungsbildung der interessierten Öffentlichkeit.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- fördert den direkten Kontakt zu seinen Kund*innen und bindet sie bei der Produktentwicklung mit ein.
- nutzt den Dialog mit Kund*innen, um Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger zu machen und einen suffizienten Gebrauch zu unterstützen.
- schafft umfassende Produkttransparenz und Rückverfolgbarkeit in der Zulieferkette..
E1 Sinn und gesellschaftliche Wirkung der Produkte und Dienstleistungen
Sinn und Zweck eines Gemeinwohl-Unternehmens ist es, ausschließlich Produkte und Dienstleistungen zu erzeugen bzw. anzubieten, die einen aktiven Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Das bedeutet, sie sind für ein physisch und psychisch gesundes sowie einfaches (suffizientes) Leben nötig und werden sozial verträglich und ökologisch so schonend wie möglich erzeugt. Darüber hinaus bieten Gemeinwohl-Unternehmen Lösungen für die größten Herausforderungen der Menschheit, z.B. Armutsbekämpfung, hochwertige Ernährung für alle Menschen, Bildung, Gesundheit und die Lösung sozialer Missstände.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- leistet mit seinem Angebot einen Beitrag für das gute Leben für alle und
- deckt den Grundbedarf für möglichst viele Menschen, auch für benachteiligte, untere soziale Gruppen.
- fördert mit seinen Produkten und Dienstleistungen die Gesundheit bzw. die persönliche Entwicklung der Menschen und der Gemeinschaft.
- verzichtet auf Produkte und Dienstleistungen mit sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Risiken.
E2 Beitrag zum Gemeinwesen
Jedes Unternehmen bzw. jede Organisation agiert in einem gesellschaftlichen Umfeld und innerhalb einer sozialen Gemeinschaft. Das Gemeinwesen (bestehend aus staatlichen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen) stellt wichtige Grundlagen für unternehmerisches Handeln zur Verfügung. Umgekehrt erwartet die Gesellschaft auch einen angemessenen Beitrag aller zur Erhaltung und Weiterentwicklung dieser Strukturen. Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Steuern und Abgaben gibt es eine breite Palette materieller oder immaterieller Leistungen, die Organisationen erbringen und damit das Gemeinwesen entweder fördern oder auch schädigen.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- leistet über Steuern und Sozialabgaben einen fairen und angemessenen Beitrag zum Gemeinwesen entsprechend der Wertschöpfung in der jeweiligen Region.
- nutzt Förderungen der öffentlichen Hand nur in dem Ausmaß, als diese der Entwicklung des Unternehmens dienen und damit mittelfristig die Wertschöpfung in
der jeweiligen Region erhöhen. - setzt seine spezifischen Fähigkeiten und Ressourcen ein, um zivilgesellschaftliche Initiativen innerhalb des Gemeinwesens jenseits von Eigeninteressen zu stärken.
- nutzt seine Kontakte zu Verwaltung und politischen Entscheidungsträger*innen, um dem Gemeinwohl zu dienen und nicht primär Eigeninteressen zu unterstützen. Zudem legt es diese Kontakte und Finanzflüsse offen.
- setzt strukturelle Maßnahmen, um Korruption und illegitime Steuervermeidung intern und bei den direkten Geschäftspartner*innen zu verhindern.
E3 Reduktion ökologischer Auswirkungen
Unternehmen können durch Veränderung ihrer internen Produktions-, Verarbeitungs- und Arbeitsprozesse und der damit verbundenen Reduktionen der ökologischen Auswirkungen einen wesentlichen Beitrag leisten, um der Überschreitung planetarer Grenzen entgegen zu wirken. Im Lebensweg stehen hier die internen Abläufe zwischen der Übernahme der Vorprodukte von den Lieferant*innen und der Übergabe der Produkte an die Kund*innen im Fokus. Ebenso kann das Produktdesign zur Reduktion dieser Auswirkungen beitragen.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- stellt den Lebensweg seiner Produkte und Dienstleistungen innerhalb des Unternehmens dar und erhebt und dokumentiert die jeweiligen Umweltauswirkungen.
- setzt sich aktiv mit den ökologischen Auswirkungen der unternehmerischen Tätigkeit auseinander.
- reduziert negative ökologische Auswirkungen kontinuierlich und gestaltet seine Verfahren und Prozesse schadstoffarm, ressourcenschonend und sparsam.
- kommuniziert seine Erkenntnisse und Fortschritte in der Branche und an andere interessierte Berührungsgruppen.
E4 Transparenz und gesellschaftliche Mitentscheidung
Transparenz und gesellschaftliche Mitentscheidung sollen in erster Linie Schaden von der Allgemeinheit durch Entscheidungen abwenden, die auf einem Mangel an verfügbaren Informationen und Fakten, mangelhaftem Argumentationsaustausch oder fehlenden Mitwirkungsmöglichkeiten der Betroffenen beruhen. Sie sollen ein lebensdienliches Miteinander in einer aufgeklärten, demokratischen, offenen und pluralistischen Gesellschaft fördern.
Ein GWÖ-Unternehmen …
- stellt Transparenz über das Handeln der Organisation und jene Vorkommnisse her, die von legitimem Interesse für die Öffentlichkeit sind.
- sorgt für eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der hierbei relevanten Berührungsgruppen bei unternehmerischen Entscheidungen.
- tritt für die Werte Transparenz und Mitbestimmung als Grundlage einer aufgeklärten, demokratischen, offenen und pluralistischen Gesellschaft ein.
Menschenwürde
Menschenwürde bedeutet für uns, dass jedes menschliche Wesen an sich wertvoll, schützenswert und einmalig ist, unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht und anderen Merkmalen. Der Mensch und letztendlich jedes Lebewesen hat eine Existenzberechtigung, verdient Wertschätzung, Respekt und Achtung. Das menschliche Individuum steht dabei über jeder Sache und Vermögenswerten. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Die Menschenwürde ist unabhängig von der Verwertbarkeit der menschlichen Arbeitskraft und „unantastbar“.
Solidarität und Gerechtigkeit
Solidarität und Gerechtigkeit sind zwei nahestehende Werte, deren Gemeinsamkeit in Empathie, Wertschätzung und Mitgefühl mit anderen sowie im Recht auf Chancengleichheit liegt. Beide Werte zielen darauf ab, Ungerechtigkeit zu reduzieren, Verantwortung zu teilen und eine Balance zwischen Stark und Schwach herzustellen.
Solidarität ...
- spiegelt den Anspruch wider, allen Menschen zumindest eine Grundausstattung an Chancen zu bieten und niemanden untergehen zu lassen.
- äußert sich in gegenseitiger und uneigennütziger Hilfestellung bei Notlagen bzw. zur Überwindung schwieriger Situationen sowie in freiwilliger Kooperation miteinander.
- mündet unter Umständen auch in einer konkreten Gemeinschaftsverpflichtung und -haftung. Das Kollektiv übernimmt dabei Verantwortung für Schwächere.
- basiert auf einem Zusammengehörigkeitsgefühl, das aus Sicht der GWÖ als Verbundenheit mit Menschen verstanden wird, und nicht in einer Abgrenzung zu anderen Gruppen, wie es historisch oftmals verstanden wurde.
Gerechtigkeit ...
- beschreibt eine Zielvorstellung, bei der es eine angemessene Verteilung von Gütern, Ressourcen, Macht sowie auch Chancen und Pflichten gibt.
- wird über soziale Mechanismen hergestellt, wie eine gerechte Ordnung von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat. Im Idealfall sind diese institutionalisiert, d.h. in einer Rechtsordnung verankert. Handlungen, die Gerechtigkeit herstellen sollen, sind daher zumeist nicht ausschließlich freiwillig gesetzt.
Ökologische Nachhaltigkeit
Ökologie betrachtet die Beziehungen der Lebewesen zu ihrer Umwelt, welche gleichzeitig ihre Lebensgrundlage darstellt. Durch die Eingriffe des Menschen ist diese massiv bedroht. Unternehmen sind besonders gefordert, ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Diese soll den Bedürfnissen der heutigen Generation entsprechen, ohne die Möglichkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.
Die Nachhaltigkeit von Produkten und Dienstleistungen kann nur dann bewertet werden, wenn der gesamte Lebensweg betrachtet wird. Darunter verstehen wir aufeinanderfolgende Stufen eines Produktsystems – von der Rohstoffgewinnung oder Rohstofferzeugung (A3) über die Entwicklung, Herstellung oder Verarbeitung im Unternehmen bis zur Lieferung (E3), zur Verwendung durch die Kund*innen und der endgültigen Beseitigung des Produktes (D3). Für Dienstleistungen kann ein analoger Lebensweg definiert werden.
Ökologische Nachhaltigkeit kann durch gezielte Investitionen verbessert werden und ist dann oft auch mit sozialen Veränderungen verbunden. Bei B3 werden daher (im Gegensatz zu den anderen Themen der ökologischen Nachhaltigkeit) sowohl der ökologische als auch der soziale Aspekt der Investitionen betrachtet.
Transparenz und Mitentscheidung
Transparenz ist eine Voraussetzung, damit mündige Berührungsgruppen mitentscheiden können. Unter Transparenz ist die Offenlegung aller für das Gemeinwohl bedeutender Informationen zu verstehen, insbesondere der kritischen Daten wie z.B. der Protokolle der Führungsgremien, der Gehälter, der internen Kostenrechnung, der Entscheidungen über Einstellungen und Entlassungen etc.
Mitentscheidung beinhaltet die Mitwirkung der jeweiligen Berührungsgruppe an den Entscheidungen, vor allem bei jenen, die sie selbst betreffen. Die Betroffenen sollen zu Beteiligten gemacht und so weit wie möglich involviert werden. Dabei gibt es unterschiedliche Abstufungen von Anhörung und Konsultation über ein Vetorecht bis hin zu gemeinsamen konsensualen Entscheidungen.
Lieferant*innen
Diese Berührungsgruppe umfasst sowohl direkt zuliefernde Unternehmen als auch deren Lieferant*innen und damit grundsätzlich die gesamte Zulieferkette. Betrachtet werden alle Produkte und Dienstleistungen, die von anderen bezogen werden. Jedes Unternehmen kann durch Auswahl bei der Kaufentscheidung, durch Gestaltung von Vertragsbedingungen und durch Einflussnahme Mitverantwortung für seine Lieferant*innen übernehmen.
Wie diese Mitverantwortung in der Praxis gelebt werden kann, hängt von realen Machtverhältnissen am Markt und der Entfernung in der Zulieferkette ab. Wesentlich ist es, bei zugekauften Produkten und Dienstleistungen besonders kritisch auf die Vorgänge in der Zulieferkette zu achten, wenn die Lieferungen entweder hohe wirtschaftliche Bedeutung für das Unternehmen haben oder für die eigenen Produkte wichtige bzw. risikobehaftete Bestandteile sind.
Als Orientierung kann eine Auflistung der wesentlichsten Lieferant*innen des Unternehmens (bis zum Gesamtwert von ca. 80 % des Einkaufsvolumens) sowie der von diesen bezogenen Produkte und Dienstleistungen dienen. Besonders Produkte und Branchen mit sozialen oder ökologischen Risiken sind auch bei Kleinstmengen zu betrachten.
Eigentümer*innen und Finanzpartner*innen
Die Eigentümer*innen eines Unternehmens haben die Verfügungs- und Entscheidungsrechte, dafür aber auch Verantwortung und Haftung. Die Rolle der Eigentümer*innen ist abhängig vom jeweiligen Rechtssystem.
Geldgeber*innen stellen Eigenkapital oder Fremdkapital zur Verfügung. Finanzdienstleister*innen sind Dienstleistungsunternehmen für Zahlungsverkehr, Versicherungen und Vermögens- bzw. Finanzberatung.
Mitarbeitende
Die Berührungsgruppe Mitarbeitende umfasst alle Personen, deren Tätigkeit für das Unternehmen in wesentlichen (= für die Tätigkeit unbedingt erforderlichen) Teilen im direkten Kontext des Unternehmens (räumliche, organisatorische und soziale Strukturen) steht und für die mindestens eines der folgenden Kriterien zutrifft:
- Anstellungsverhältnis
- Personen, die über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten tätig sind
- Personen, die mindestens vier Stunden in der Woche tätig sind
- Tätigkeiten, die regelmäßig und wiederkehrend (z.B. jeden Sommer) ausgeübt werden
Kund*innen und Mitunternehmen
Unter der Berührungsgruppe der Kund*innen sind die Zielgruppen des Unternehmens zu verstehen, die mit den Produkten und Dienstleistungen angesprochen werden sollen, wie z.B. Nutzer*innen der Produkte und Dienstleistungen, Händler*innen und Endkund*innen sowie Auftraggeber*innen.
Direkte Mitunternehmen sind in erster Linie jene Unternehmen, die mit ihrem Angebot dieselbe (regionale) Zielgruppe ansprechen. Darüber hinaus wird auch das Verhalten gegenüber sowie der Umgang mit Unternehmen anderer Branchen bzw. anderer Regionen beleuchtet.
Gesellschaftliches Umfeld
Die Berührungsgruppe E umfasst alle Gruppen, die nur mittelbar die Auswirkungen unternehmerischen Handelns spüren. Die Gruppe wird dabei so weit wie sinnvoll möglich gedacht, wobei sich Unterschiede bezüglich der einzelnen Werte ergeben:
- E1: Menschheit insgesamt, inklusive künftiger Generationen (beinhaltet alle Menschen als vernunftbegabte Wesen, die für sich Werte und Sinn selbst definieren können).
- E2: Gemeinwesen als große soziale Gruppe, die sich einen abgegrenzten Lebensraum teilen. Dieser kann physisch oder virtuell sein (z.B. alle Menschen, die in einer Region leben; alle Nutzer*innen des Internets). Die Gruppe hat gemeinsame Regeln und Institutionen geschaffen, die auf einem gemeinsamen Grundverständnis beruhen. Ein Unternehmen kann mehreren Gemeinwesen angehören (Kommune, Staat, Scientific Community etc.).
- E3: globales ökologisches Umfeld, inklusive der natürlichen Lebensgrundlagen künftiger Generationen.
- E4: relevante Berührungsgruppen für das Unternehmen, die nicht durch A bis D abgedeckt sind (z.B. Anrainer*innen, kritische NGOs als „Anwält*innen“ der Gesellschaft).